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Zwischen Regen und Wolken – via seltenem Sonnenschein

  • sunnythursday
  • 24. Jan. 2016
  • 6 Min. Lesezeit

Von Dunedin hört man so sagen, dass es kalt sein soll. Kalt und windig. Abgesehen davon sei es eine Studentenstadt, grundsätzlich ganz süss, mit einem historischen Bahnhof. Ich hatte schon etwas Angst mit meinem Sommerschlafsack in der Nacht frieren zu müssen, ich hatte Angst, unser angeschlagenes Zelt würde dem schlechten Wetter nicht standhalten. Meine Angst war total unberechtigt, denn glücklicherweise durften wir zwei Nächte in einem normalen Bett schlafen, mit einem echten Dach über dem Kopf, nicht einem Stofffetzen, der beim leisesten Windstoss einen heiden Lärm verursachte. Wir konnten während zwei Tagen aus echten Tellern essen, nicht direkt aus der Plastiktüte, welche den Toast umgibt oder aus der noch viel zu heissen Pfanne, weil wir keine Gelegenheit haben, anschliessend das benutzte Geschirr zu reinigen. Während zwei Tagen wurden wir bekocht, gefüttert, wir konnten Duschen mit richtigem Wasser, das sogar warm war und frei von toten Fliegen oder sonstigem Ungeziefer. In Dunedin ging es uns also richtig gut. Obschon wir das Leben im Auto und Zelt sehr geniessen, ist es doch irgendwie schön, ab und zu einmal den selben Luxus zu geniessen, den alle anderen Menschen auch haben.

Bereits am Telefon klang Coral unglaublich erfreut und wollte alles über uns wissen. Coral lebt mit ihrem Ehemann in einem süssen kleinen Haus ungefähr 15 Minuten von der Stadt entfernt, sie haben einen hübschen Garten mit den verschiedensten Blumen und ein kleines Gästezimmer, das sie uns nur zu gerne zur Verfügung stellten. Am liebsten hätten sie uns wohl für immer bei sich behalten, so gerne hatte die beiden uns. Auch wir genossen deren Anwesenheit. Es ist ja nicht so, als würde es Zoe und mir jemals langweilig werden, selbst während den manchmal langen Autofahrten finden wir immer irgend ein dummes Thema über das wir diskutieren können. Und trotzdem war es schön, zur Abwechslung mal andere Reden zu hören. Es schien sogar so, als würden es die beiden tatsächlich zustande bringen, mehr zu diskutieren, als wir Mädels es taten. Chapeau! Coral und ihr Ehemann Lester bekochten uns, wollten dass wir uns wie Gäste in einem Hotel fühlten, zeigten uns die Umgebung und versicherten uns nebenbei immer wieder, dass die Schweiz doch so viel schöner sei als Neuseeland. Es ist irgendwie ganz anders, ein Ort zu entdecken, wenn man Einheimische an seiner Seite hat. Sie zeigen einem ihre Sicht der Dinge, möchten einem ihre eigenen Lieblingsplätze näherbringen, um dann mit einem stolzen Lächeln zu fragen: „Na, bleibt ihr jetzt länger?“.

Nur zu gerne hätten wir dieser Bitte zugesagt. So war es auch mit Paddy und seinen zwei Mitbewohnern. Die Studenten wohnen mitten in der Stadt, dort wo alle Studenten wohnen, dort wo man ihre Häuser benennt, beim Semesterstart Couches verbrennt und während der ersten Uni-Woche grundsätzlich nur feiert. Paddy haben wir während einer unserer Hikes kennengelernt und prompt hat er uns auf einen Znacht zu sich eingeladen. Nach dem typisch studentischen Essen (Nudeln mit Tomatensauce) hatten wir die Ehre, Dunedin mal von der etwas anderen Seite kennen zu lernen: Tunnel Beach, ein unglaublich beeindruckender und eher versteckter Sandstrand, die wohl steilste Strasse der Welt mal gemütlich hochspazieren, anschliessen raus aus Dunedin und die Stadt aus der Entfernung und vor allem bei Nacht sehen. Zwischendurch noch einmal einen Abstecher in die WG um M&M’s zu futtern und englischen Tee zu trinken. Nach diesem Abend waren wir definitiv von Dunedin überzeugt. Schlechtes Wetter und Eiseskälte hin oder her, die Stadt hat auf jeden Fall Charme, die Umgebung ist sehenswert und die Leute sind einfach zum gernhaben. Nach zwei viel zu kurzen Tagen mussten wir uns wieder an unser Mätteli und Zelt gewöhnen, an das Essen aus der Pfanne und an die Billigstühle aus dem Ware House. Kein Ding, wir geniessen es ja. Und nach nun vier Wochen im Zelt hab ich mich so sehr daran gewöhnt, dass ich besser schlafe, wenn ich den Wind in den Ohren pfeifen und die Sandflies an die Zeltwand prasseln höre, ich bevor ins Bett zu gehen mein Mätteli kräftig aufblasen muss und einen Schlafsack griffbereit habe, in den ich mich kuscheln kann wenn es dunkel und kalt wird.

Nach Dunedin ging es wieder aufwärts Richtung Norden. Mount Cook wollten wir auf keinen Fall verpassen, egal wie sehr es Regnen oder Winden sollte. Obschon das Ganze wohl eindrücklicher gewesen wäre, wenn das Wetter sich von ihrer guten Seite gezeigt hätte. Die Fahrt zum Mount Cook Village hat sich allemal gelohnt. Noch bevor wir überhaupt etwas vom höchsten Berg Neuseelands sahen, waren wir ein Bisschen sprachlos. Unzählige Male musste ich das Auto runterdrosseln und von der Strasse reissen, aus dem Wagen steigen und die Aussicht auf den mir-fehlen-die-Worte-so-mega-blauen See auskosten. Kein Nieselregen und kein kalter Wind konnte der kitschigen Farbe des Wassers etwas anhaben und nichts vermochte es, die beeindruckend Umgebung zu verhunzen. Umso mehr wir uns dem Mount Cook näherten, umso spannender wurde es. Kleine Nebelschwaden krochen hinter den Bergen hervor, der See wandelte sich zu einem Feld voller kleinen Flüsse, bis diese schlussendlich auch aus dem Blickfeld verschwanden und vor uns der imposante Mount Cook auftauchte (zumindest jener Teil, der nicht von den Wolken verschlungen wurde). Nicht nur ein Gletscher, nicht zwei, sondern eine Hand voll tummeln sich in dieser Region. Schon etwas peinlich, in der Schweiz habe ich noch nie einen Gletscher von weitem gesehen, geschweige denn von nahem. Am anderen Ende der Welt angekommen, wo gerade Sommer ist, wo sich Strände an Strände reihen, erblicken wir einen solchen, ohne dass es wirklich unsere Absicht gewesen wäre. Und gerade da, wo sich Schnee, Eis, Sonne und Strand so nahe sind, ist es darum auch so unglaublich imposant. Im T-Shirt und darüber nur die Regenjacke, keineswegs frierend starteten wir unseren Walk in Richtung einer der Gletscher. Knappe 20 Höhenmeter über uns lagert sich der Schnee ab, das Weiss wandelt sich unter dem Gewicht der Massen zu einem leuchtenden Blau. Neben dem Pfad den wir gingen hatte es Palmenartigen Bäume und exotische Pflanzen. Der Kontrast könnte grösser nicht sein. Erst wenn man sich die Zeit nimmt, Neuseeland in seiner gesamten Grösse zu bereisen, wird einem Bewusst, wie viele Seiten dieses Land überhaupt hat. Nirgends sind sich Snowboarder und Surfer näher, als auf dieser Insel...

Das nächste Mal wenn ich hier bin, nehme ich mir für diesen Ort mit Sicherheit etwas mehr Zeit, denn Sonnenschein ist hier selten, sollte aber auf jeden Fall abgewartet werden. Bei uns ist aber nichts mit warten, wir müssen weiter, noch bevor wir das Ganze bei Sonnenlicht betrachten können.

Am Lake Tekapo waren wir dann mehr gesegnet mit dem Wetter. Bei unserer Ankunft regnete es zwar nach wie vor, die Gelegenheit nutzten wir aber um ein Bad in den Hot Pools zu nehmen. Umgeben von heissem Wasser und Dampf, der uns die Sicht versperrt genossen wir für einmal das schlechte Wetter in vollen Zügen. Denn solche Hot Pools machen bei schönem Wetter nicht wirklich Spass. Der folgende Tag zeigte sich aber von seiner besten Seite: Blauer Himmel, lachende Sonne. Wir bestiegen den Mount John, dort wo die Sternwarten stehen, das kleine Café und die unzähligen Chinesen, die mit dem Car nach oben gefahren werden. Lake Tekapo ist bekannt für das Skygazing: Nachts werden alle vom Menschen geschaffenen Lichtquellen gedämmt damit man die Sterne, in ihrer vollen Grösse betrachten kann. So hell wie sie dort leuchten, sieht man sie wohl nur noch in der Sahara. Da es allerdings Vollmond war, musste man abwarten, bis dieser sich hinter den Bergen wieder versteckte, ab drei Uhr sollte es dann dunkel genug sein, um das Sternenphänomen zu betrachten. Wären da nicht diese Wolken. Mit grösster Freude stellte ich meinen Wecker auf drei Uhr, ging mit einem Lächeln zu Bett, die Kamera griffbereit. Aber wie in einen meiner Einträge schon erwähnt, Pläne machen lohnt sich nicht. Die klappen eh nie. So klingelte mein Wecker um drei Uhr, riss mich aus meinen Träumen und holte mich in die harte und unfreundliche Realität zurück. Nichts mit Sternen anschauen, diese konnte man gar nicht sehen. Das wunderschöne Wetter, das wir Tagsüber genossen war verschwunden, stattdessen verdeckten dicke Wolken den Himmel und machten es unmöglich, auch nur einen einzigen Stern zu sehen. Ein weiterer Ort, den ich auf jeden Fall ein noch mals besuchen muss.

Anschliessend sollte es nach Christchurche gehen. Darauf freute ich mich ja mal gar nicht. Nach Dunedin hatte ich eigentlich mit grossen Städten abgeschlossen. Zudem haben praktisch alle Leute, die wir kennengelernt haben uns versichert, dass Christchurche nicht sehenswert sei und wir unsere Zeit besser nutzen sollten als mit einer vom Erdbeben halb zerstörten Stadt besichtigen. Aber diesmal hatte Zoe den grösseren Dickschädel. Nun gut, dann gehen wir die Stadt eben anschauen, nur ganz kurz, für ein Abendessen und einen Spaziergang. Das Abendessen war tatsächlich vorzüglich. Der Rest war eher... Naja. Meine Meinung: Man sollte sich am besten ein eigenes Bild von der Stadt machen. Da Zoe und ich beide null Erwartungen an die Stadt hatten, wurden wir auch nicht Enttäuscht. Und somit war das Ganze doch eher angenehm gewesen. Die komplette Stadt ist nach wie vor im Wiederaufbau, überall sieht man Bauarbeiten oder Überbleibsel von den Schäden, die das Erdbeben vor einigen Jahren angerichtet hat. Hunderte von Restaurants mussten ihre Türen schliessen, verlagerten ihre Küche auf vier Räder: Food-Trucks bieten Spezialitäten aus aller Welt an. Was auch sehr attraktiv wirkt, ist die Tatsache, dass viele Läden in Schiffskontainern untergebracht sind, Banken und die Post ebenfalls. Das gibt der heruntergekommenen Stadt einen kleinen Hipster-Touch. Man sieht den Versuch der Bewohner, ihre Heimat mit bester Mühe etwas aufzupäppeln und lebenswert zu gestalten. Hie und da klappt es ganz gut, hie und da eher weniger. Nach einigen Stunden waren wir dann auch schon wider weg, so ganz nach den Motte: „Wir waren zumindest mal da.“


Und langsam aber sicher nähern wir uns wieder Nelson. Dort wo wir unseren Roadtrip durch die Südinsel Neuseelands gestartet haben. Und dort, wo er wieder enden wird...





 
 
 

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