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Marlborough Sounds, Musik ohne Ende und ein schwerer Abschied

  • sunnythursday
  • 1. Feb. 2016
  • 6 Min. Lesezeit

Wenn wir schon die Milford Sounds auslassen mussten, dann wollten wir wenigstens einen Teil der Marlborough Sounds erleben. In Picton angekommen mussten wir uns zuerst etwas informieren, die Marlborough Sounds sind verzweigt, bestehend aus langen Landstrichen, gentrennt vom Meerwasser, das sich weit bis ins Landesinnere erstreckt. Steht man in Picton an dem kleinen Hafen, bekommt man einen ersten Eindruck von der Landschaft, die einem in den Sounds erwartet. Und ohne zuvor jemals hier gewesen zu sein, wusste ich, dass es mir hier unglaublich gut gefallen wird. Das Meiste von den Sounds sieht man wohl, wenn man mit einem Boot unterwegs ist. So sollte am folgenden Tag ein Mail-Boat unser Transportmittel sein. Da viele Häuser keinen Zugang zu Strassen haben, sondern nur per Wasserweg erreichbar sind, ist eine solche Art von Pöstler durchaus sinnvoll. Er bringt zudem nicht nur die Briefe und Packete sondern beliefert die abgeschotteten Familien mit Nahrungsmitteln, Schulmaterialien für die Kindern, welche zu Hause unterrichtet werden und vereinzelt wird auch der eine oder andere Besuch abgeliefert. Einmal in der Woche macht sich das Boot morgens auf den Weg um einen Teil der Sounds abzufahren, um anschliessend am Abend wieder im Hafen einzulaufen. Bevor wir uns auf das Abendteuer mit dem Pöstler einliessen, wollten wir einen Teil der Marlborough Sounds mit dem Auto bzw. zu Fuss erkunden. Dafür beschlossen wir, einen gut gelegenen DOC Campingplatz einige Kilometer im Landesinneren als Übernachtungsort zu nutzen, von dort aus wollten wir die Sounds dann mit Wanderschuhen und Sonnenhut ausgestattet entdecken. Nach ungefähr vierzig Minuten Fahrt hatten wir allerdings erst einen Bruchteil der Strecke hinter uns. Die Strasse war so eng und kurvig, dass es Selbstmord wäre, mehr als 40 km/h zu fahren. So kamen wir nicht sonderlich schnell vorwärts, erlebten dafür die atemberaubende Natur um uns herum: Umgeben von tropenartigen Bäumen, ab und zu riesige Farne, imposante Palmen, hie und da ein Baum, der unnatürlich hoch in die Höhe schoss. Manchmal hatte ich das Gefühl, in einer anderen Zeit zu leben. Es fehlte nur noch, dass ein Dinosaurier aus dem Busch springen, seinen enormen Fussabdruck auf der asphaltierten Strasse hinterlassen und dann wieder in dem endlosen Grün verschwinden würde. Als wir uns diesen unglaublichen Distanzen in den Marlborough Sounds bewusst wurden, schmissen wir kurzerhand unseren ursprünglichen Plan über den Haufen und beschlossen den nächsten Campingplatz als Schlafstätte zu nutzen, dem wir über den Weg laufen - bzw. fahren - würden. Ich wollte den Tag nicht einfach nur mit Fahren verbringen, sondern mein Füdli aus dem Auto schwingen und die Umgebung weiter zu Fuss erkunden. Gesagt, getan. Keine fünf Minuten später entdeckte ich ein Schild, das auf einen Campingplatz hinwies. Also folgten wir der steilen und steinigen Strasse in die Tiefe, um nach weiteren fünf Minuten vor einem hübschen Campingplatz anzukommen, umgeben von Bäumen und luftigen Blumen, direkt vor einer Bucht. Dort konnten wir dann in aller Ruhe die Umgebung erkunden, ins kalte Wasser springen und uns anschliessend von der brennenden Sonne wieder aufwärmen lassen. Beim Zähneputzen lernten wir dann Aron kennen, welcher ganz froh war, dass wir bald in Richtung Nelson aufbrechen und ihn dann mitnehmen würden. Während dem wir den nächsten Tag auf dem Mail-Boat verbrachten und die Sounds in ihrer vollen Grösse betrachten und entdecken konnten, lief Aron den letzten Teil seines Tracks um anschliessend pünktlich um 17:30 Uhr am Hafen von Havelock auf uns zu warten. Nach fast acht Stunden an der prallen Sonne, ein Strichlein mehr auf der ich-hab-mich-schon-wieder-verbrannt Liste und einem Kopf voll von neuen Eindrücken war es mir unmöglich noch lange auf dem Highway zu fahren. Nach acht Stunden, in denen man sich wie Captain Cook auf einer seiner Entdeckungsreisen fühlte, wollte ich mir meine Träume nicht von ausgedehnten Autofahrten vermiesen lassen. Somit machten wir uns erst gar nicht die Mühe, lange nach einem Campingplatz zu suchen, bereits nach wenigen Kilometern war ende-Gelände: Wir unsere Schlafstätte für diese Nacht. Nelson kannten wir schon, wollten keinen grossen Stopp einlegen, fuhren deshalb ohne grosses Tamtam durch die Stadt, liessen sie hinter uns um über den Takaka Hill wieder nach Golden Bay zu gelangen und somit die letzten Tage unserer Rundreise auf der Südinsel bei meinem Vater zu verbringen. Etwas Erholen, Entspannen und Energietanken wollten wir. Nichts da! Dort angekommen erwartete uns die Herausforderung, ein anständiges Plätzlein für unser Zelt zu finden. Denn bei meinem Vater war die Bude voll: Elf weitere Gäste aus aller Welt, die sich in den Campern, Wiesen und seiner Hütte breit gemacht haben grinsten uns entgegen. Und Programm für den Abend stand auch schon: Im Mussel Inn sollte eine unglaublich gute Band spielen. Kaum angekommen, alle begrüsst und sich vorgestellt, ging es auch schon weiter. Zum dritten Mal in nur vier Wochen fand ich mich im Mussel Inn wieder, selbstgebrautes Bier auf den Tischen und vor allem laute und mitreissende Musik. Sogar Tanzmuffeln viel es schwer, auf ihren Bänken sitzen zu bleiben. Alles was konnte schwang die Hüften zur lebhaften Musik. Live Musik gehört zu Neuseeland wie die Löcher im Emmentaler, das sollte an diesem Punkt erwähnt werden. Und ziemlich bald darauf stand ein Festival auf dem Plan. Alle packten wir unsere Zelte zusammen, hopsten in die Autos und fuhren zum Riverside Festival, ein kleines Festival in der Nähe von Motueka. An diesem Festival verpufften gerade mal 12 Dollar und das war für das indische Abendessen. Kein Eintritt, keine Kosten für den Campingplatz, Zmorgen schon im Auto und für den Rest war auch gesorgt. Den ganzen Tag wurde auf einer Bühne Musik gespielt, eine Band nach der anderen unterhielt die Besucher. Allesamt stammten sie aus der Region, spielten sonst in lokalen Pubs und Kneipen. Mal stand ein Maori mit seiner Gitarre auf der Bühne und beeindruckte mit seiner Stimme, mal war es ein Rapper, mal ein Trio mit lustigen Hüten und mitreissenden Beats. Noch lange nachdem die letzten Töne verklungen sind hörte ich den dumpfen Bass und das leise Surren in meinen Ohren. Müde und mit einem Dauergrinsen im Gesicht hüpfte ich in meinen Schlafsack, auf mein kaputtes Mätteli (mir geht ein bisschen alles kaputt, irgendetwas muss ich falsch machen) und musste keine zehn Sekunden warten bis mich das Sandmändli abholte. Das war’s also. Ein richtig runder Abgang für meinen Aufenthalt auf der Südinsel Neuseelands. Und man sagt ja so schön, das Beste kommt zum Schluss. Zwar ist noch lange nicht Ende meiner Reise, aber es ist Ende der Fahrt quer durch die Südinsel. Kein Mount Cook mehr, kein Golden Bay mehr, kein schickes Auto mehr (das wir übrigens Olivia getauft haben). Was zurück bleibt sind unvergessliche Momente, die Liebe zu diesem Ort, tolle Bekanntschaften, einige Kratzer am Auto, ein Kaputtes Zelt und ein ebenfalls kaputtes Mätteli (beides aber – mit etwas Kreativität – nach wie vor brauchbar) und das Wissen, dass ich ganz bald wieder hier her kommen möchte und werde. Und ganz zum Schluss möchte ich noch einen Dank an unsere treuste Begleiterin aussprechen. Nie hat sie uns im Stich gelassen, obschon sie echt viel durchmachen musste. Mit kaum 500km auf dem Zähler haben wir den hübschen blauen Flitzer erhalten mit einigen mehr haben wir ihn zurückgegeben. Sauber und gut duftend, in einem tadellosen Zustand, hoch modern und richtig frisch hat das Auto uns damals vor vier Wochen in Empfang genommen. Zurückgegeben haben wir es verstaubt, etwas nach Zwiebeln riechend, die Scheiben haben wir noch notdürftig gereinigt (was das Auto aber nur noch schlimmer aussehen liess) und die grösseren Kiesselsteine konnten wir auch entfernen. Hie und da einen Kratzer, eine dünne Staubschicht die Olivias hübsche Farbe verbergt, der Boden glich eher einem Strand als einem zivilisierten schwarzbezogenen Stoffuntergrund. Und manchmal waren wir etwas grob zu ihr, es mussten unzählige Rucksäcke, manchmal etwas komische Hitch-Hiker in ihr Platz finden, laute Musik dröhnte immer wieder aus den Boxen, dumme Gespräche musste sie sich anhören und manchmal sogar ein Schlagloch nach dem anderen aushalten, Steine, die an ihre Wände spickten, eine Menge Staub, die pralle Sonne, die das Auto auf gefühlte 50 Grad erhitzte und peitschender Wind mit grossen, schweren Regentropfen, die sich manchmal über ihr ergossen. Alles hat sie mitgemacht, auch meine fragwürdigen Fahrkünste. Es fiel mir nicht ganz leicht, dem Avis-Typ die Schlüssel zu übergeben, fast hätte ich ihm noch gesagt, er solle das Auto auf ja gut behandeln und etwas schwermütig warf ich einen letzten Blick auf den schlecht parkierte Wagen.


Aber eben, dies ist wie gesagt nicht Schluss unserer Reise, nur ein Wechsel von Süd auf Nord, von blauem Flitzer auf weisse Juciebox, von Christchurch auf Auckland und von Wanderlust auf Badelust...


 
 
 

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